Segeltörn

Gastbeitrag von einer leidenschaftlichen Urlaubs-Seglerin

Es ist nun fünf Tage her, dass ich die Chronos bei winterlichen 28°C und Windstille auf den British Virgin Islands verlassen habe. Zu Hause stürzten gleich erschreckende Nachrichten auf mich ein, auch eine unerwartete Beerdigung war schon zu absolvieren. Mit unerlebtem Gleichmut habe ich dies alles über mich ergehen lassen, denn ich habe drei Wochen auf Wolken schwebend verbracht, mich in Schiff, Mitgäste und Besatzung verliebt. Noch immer hält mein inneres Schwanken an und wenn ich die Augen schließe sehe ich das helle Licht der Karibik und die endlosen Horizonte, auch wenn es draußen regnet und stürmt.

Nach zugegeben langer und ermüdender Anreise von Deutschland aus durfte ich am 19.12. wieder mal einen Fuß auf das himmlisch gepflegte, warme Teakdeck der Chronos setzen – und war sofort zu Hause. Natürlich war es ein unverhofftes Glück, liebe Vertraute in Personen des Captain´s, der unübertrefflich bezaubernden Service-Mitarbeiterin wie auch der beeindruckend behende an Deck und  im Mast wirbelnden Deckshand wieder zu sehen. Vor allem aber war es das von diesem Schiff ausgehende Glücksgefühl: Mit unerschütterlichem Vertrauen habe ich mich bei ordentlich Wind und zunächst nur zu ahnendem Wellengang in die Hände extrem professioneller und dabei so freundlichen, hilfsbereiten Crew-Membern begeben.

St. Maarten war Startpunkt – vor mir lagen die Weihnachtstage, mein Geburtstag, die Entdeckung neuer Menschen, eine Phase, endlich wieder Seebeine zu entwickeln, Strände und Inseln zu genießen. Die erstaunlichste Erfahrung der ersten Stunden war sogleich: Ich hatte keinerlei Müdigkeitserscheinungen – bis ich spät in der karibischen Nacht in die Koje gesunken bin und mitten in einem sehr angenehmen Gedanken in tiefsten Schlaf fiel. Das sollte sich in den folgenden drei Wochen nie ändern! Ok, eine Nacht war anders: Die Überfahrt zu den BVI´s war superspannend, Sternschnuppen und ein völlig klarer, von Sternen übervoller Himmel über uns, mit nennenswertem Wind und Schaukelwellen ritten wir ab 9.00 pm in der Nacht wohlbehütet, unbeschadet und halt ziemlich bewegungsreich in unser neues Segelrevier.

Eine kleine, nette Zugabe der Natur war der Vollmond am 25.12. – ich habe ihn mit allen geteilt, aber der war eigentlich nur für mich an meinem Geburtstag! Für alle dagegen war meine Geburtstagstorte am Nachmittag: Danke Konstantin!! Und nicht nur dafür! Was haben wir tolle Genüsse serviert bekommen – morgens, mittags, nachmittags und abends. Und so nicht endend charmant aufgetragen von drei unermüdlichen Menschen, die wirklich wissen, was Service heißt.

Nach St. Maarten steuerten wir die unterschiedlichsten Inseln an, Abwechslung war garantiert. Ob der höchste Berg Hollands (Saba) oder St. Kitts (mit unübertrefflich toller Bar), St. Barth mit dem Blick auf die Mega-Yachten der Mega-Wichtigen und Gustavia in Weihnachtsverkleidung oder einfach nur menschenleeres Inselchen für einen Badestop. So kehrten wir nach einer Woche zurück nach St. Maarten. Für die meisten Gäste hieß es hier good bye. Gegangen ist niemand ohne Bedauern, egal, wohin es sie ihres Weges führte. Es war sehr rührend für mich, von den Meisten verabschiedet zu werden mit dem Ausdruck von ganz leisem Neid, weil ich noch weitere zwei Wochen bleiben sollte.

der spektakuläre Flughafen von St. Barth

Mit neu angekommenen Mitseglern, Ersttätern oder auch erfahrenen Seebären, mit nach wie vor herrlichem Segelwind und inzwischen erstaunlich sicher auf meinen Beinen startete meine zweite Woche. Anguilla – Party, Musik live oder aus der Konserve am Strand, Ausgelassenheit, für mich und die „Neuen“ hätte es gar nicht besser losgehen können. Jede Menge Gelegenheiten dann für Schwimm-, Schnorchel- oder Jollensegelausflüge. Auch dieses Mal zeigte sich schnell, wie leicht und entspannt sich zuvor fremde Menschen an Bord der Chronos zu einer harmonischen Gruppe formen. Die schiere Größe des Schiffs macht es immer wieder auch möglich, sich ein wenig zurück zu ziehen, ganz selbstversunken Eindrücke zu sammeln, die Gedanken fliegen zu lassen oder einfach nur das Leben zu lieben.

Und viel zu schnell gingen die Tage bis Sylvester vorbei. Ganz basisdemokratisch hat der Captain die Entscheidung der Gäste herbeigeführt, wo das neue Jahr begrüßt werden soll – das einstimmige Votum sprach sich für die BVI´s aus – und so segelten wir in der Nacht vom 30. Dezember los (siehe oben). Ein ganz anderes Revier erwartete uns entlang des Sir Frances Drake Channels – nahe beieinander liegende Eilande laden hier ein, jeden Tag das Beste vom Besten zu vereinbaren: Segeln, schwimmen, tauchen, schnorcheln, paddeln, Inselbesuche, in 12 Stunden passten kaum alle Möglichkeiten.

Für den Jahreswechsel hat sich die Crew noch einmal gesteigert: Was ein unvergesslicher Abend. Wundervolle Tischdekorationen, ein Dinner von Weltrang, vorgezogene Toasts auf die heimischen Freunde und Familien (die 5 Stunden früher das neue Jahr begrüßten) und auch für uns vergingen die letzten Stunden des Jahres wie im Fluge! Über dem Rest liegt Schweigen…

Das neue Jahr durften wir dann alle mit einem sehr erfrischenden kleinen Schwimmausflug auf eine noch kleinere Sandinsel beginnen, ein paar Palmen standen auch dekorativ in der Szene. Und dann ging es weiter, von Insel zu Insel. Zu meinem tiefsten Bedauern stellte ich fest, dass jeder Tag kürzer wurde. Nicht vergessen wird der Abend auf Anegada: Die einzige Nichtvulkan-Insel der BVI´s, eher an Texel erinnernd und von einem sehr flachen Riff umgeben, lädt ein zu Lobster – ein Must! Dem Tiefgang der Chronos geschuldet liegen wir weit offshore – die Beiboote müssen einen ziemlichen Weg zurücklegen. Doch das lohnt sich gewaltig: In The Lobster Trap wurde uns für über 30 Personen eine lange, weiß verhüllte Tafel gedeckt und dann serviert. Es war wie im Kino.

Und von solch cineastischen Eindrücken voll bis obenhin sitze ich nun wieder am Schreibtisch, es wankt weiterhin, lustig.

Ich wünsche noch einer ganz großen Schar von Segelbegeisterten das Erlebnis Chronos – nicht zu vergessen: Die „kleine Schwester“ Kairos steht dem in nichts nach!!! Und ich komme irgendwann wieder.

S. aus D.